Das Grundgesetz, Nachdenken über Demokratie – namentlich über die deutsche Spielart. Teil II
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Gedanken Zu. Macht, Medien, Manipulation, Moral
Das Grundgesetz in Deutschland ist die Verfassung dieses Landes. Nichts darf in diesem Lande geschehen, was nicht in der Verfassung vorgesehen ist. Geschieht etwas jenseits der Verfassungsnormen, verletzt dies das Grundgesetz. Eine Verletzung des Grundgesetzes kann in diesem Land nicht hingenommen werden. Dies ist das Wesen einer Verfassung. Jeder Staat hat seine eigene Verfassung. Staaten mit dem Anspruch einer demokratischen Grundordnung haben fast gleichlautende Verfassungen. Die Normen, also die Wertmaßstäbe, die ein Ganzes Wertesystem sind, werden von der Würde des Menschen und von seinen Grundrechten abgeleitet. Die Würde des Menschen und seine Grundrechte sind unantastbar. Uneingeschränkt unantastbar.
Die Grundrechte und deren mögliche Einschränkungen und die Verwirkung von Grundrechten sind klar beschrieben in den Artikel 1 bis 19 des Grundgesetzes. Es lohnt sich, diese Artikel mehrmals zu lesen, den Inhalt dieser Artikel zu begreifen und sie zu verinnerlichen. Ab dem Artikel 20 GG wird der Weg zur Verwirklichung der Würde des Menschen und von seinen Grundrechten beschrieben. Der Weg kann vom Bundesgeseztgeber mit der dafür vorgesehenen Stimmenmehrheit im Bundestag neu beschrieben werden, nicht aber die „Würde des Menschen und seine Grundrechte“. Ich zitiere den Wortlaut des Artikels 1 GG (Menschenwürde) Die Hervorhebungen in den Zitaten sind von mir:
Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller Staatlichen Gewalt.
Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
Der Artikel 20 legt die Organisationform und den Aufgaben Bereich der drei Säulen der staatlichen Gewalt fest:
Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehendenGewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
Der erste Satz vom Art. 20, Absatz 2, „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus“ hätte eigentlich eindeutiger verfasst sein können. Die „Eltern“ des Grundgesetzes haben es nicht gewollt, dem Volk „alle Staatsgewalt“ uneingeschränkt anzuvertrauen. Etwa: Alle Staatsgewalt wird vom Volke ausgeübt. Dann hätte das Volk direkt „alle Staatsgewalt“ ausgeübt.
Aber durch diese Wortwahl ist die Tür zu einer „direkten Demokratie“ fast vernagelt. Waren es die Ängste der „Eltern“ im „Parlamentarischen Rat“ vor dem Volk? Ich kenne keine wissenschaftlich begründete Antwort auf diese Frage. Fest steht nur, daß die „Eltern“ des Grundgesetzes, die Mitglieder im „Parlamentarischen Rat“ also, , keineswegs Personen waren, die sich dem Volk zugehörig fühlten. Sie waren die „gebildeten“, die „Intellektuellen“, die nur damals nachweislich keine Nazis gewesen sind.
Oder glaubten die „Eltern“ im „Parlamentarischen Rat“ tatsächlich, daß eine direkte Demokratie auf allen Ebenen des Staates nicht durchführbar sein würde? Auch hierzu kenne ich keine wissenschaftlich begründete Antwort. Die später geborenen Rechtfertiger des Grundgesetzes, die neunmal klugen „Kommentatoren“ des GG, meinen, eine direkte Demokratie sei organisatorisch nicht durchführbar. Nun, es sind halt eben „Rechtfertiger“ des Ist-Zustandes. So sehr, daß sie selbst die Geschichte ihrer eigenen Großeltern gründlich verdrängt haben.
Auch nach dem ersten Weltkrieg war Deutschland ein Trümmerhaufen. Die am Leben geblieben Soldaten, Arbeiter und Bauern übernahmen die „staatliche Ordnung“ und hielten sie fast ein Jahr aufrecht. Ohne Beteiligung der „Würdenträger“, ohne Beteiligung der „Intellektuellen“, ohne Beteiligung der „Paragraphenreiter“, ohne Beteiligung der tragenden „Funktionäre“ des platt gemachten Staates im „ersten. Weltkrieg“. Dezentral. Bis die „Sozialdemokraten“ diesen „Bauern und Soldaten Räten“, den Garaus machten. Einer angeblich effizienteren zentralen Ordnung wegen. Für die spätere „Weimarer Demokratie“. Eine „indirekte Demokratie“. Eine „Vertreter Demokratie“. Eine Demokratie, in der „alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht“, und „nie wieder zum Volk zurückkommt“. Falsch. Alle paar Jahre immer wieder. Zu den „Wahlen“. Darüber später mehr.
Oder waren es die Siegermächte, die Deutschland keine andere Demokratie zulassen wollten, als ihre eigenen unterschiedlichen indirekten Demokratien? Mit „Parlamenten“, „Parteien“ und „Paten“? Ich kenne keine wissenschaftlich begründete Antwort auf diese Frage. Die Protokolle des Parlamentarischen Rates geben keine Antworten zu diesen Fragen. Wie es auch ist oder gewesen sein mag. Nun gilt das Grundgesetz. Damit muß sich Deutschland mit seinen Bürgern und Einwohnern abfinden. Bis auf weiteres.
Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehendenGewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
Im Klartext der Alltagssprache bedeutet dies, daß das Volk seine „Vertreter“ „in Wahlen und Abstimmungen“ in allen Bereichen und auf allen Ebenen finden muß. Das Volk im Ganzen oder auch in Teilen kann sich aber bei seiner Wahl vertun, kann falschen Versprechungen aufsitzen, kann verführt werden, usw., usw..
„Das Deutsche Volk“ muß sich damit abfinden, daß es über keine Rechte verfügt, jederzeit seinen eventuellen Fehlgriff bei der Wahl der „Vertreter“ unmittelbar zu korrigieren. „Das Deutsche Volk“ muß die gesamte Wahlperiode seinen Fehlgriff durchleiden und bei der Neuwahl den Fehlgriff entsprechend korrigieren. Die „Einwohner“ werden dabei nicht berücksichtigt.
Eine wirksame und nachhaltige Korrektur setzt voraus, daß das „Wahlvolk“ das Recht besitzt, genauestens zu erfahren, was seine Vertreter alles nach seiner Wahl angestellt oder nicht angestellt haben, was sie getrieben oder nicht getrieben haben. Also den uneingeschränkten Zugang auf Information. Damit das Volk beim nächsten Versuch richtigere Vertreter wählen kann.
Im Klartext der Alltagssprache bedeutet dies, das Volk muß alles erfahren können, wie seine Vertreter unter welchen Umständen in allen Bereichen und auf allen Ebenen gehandelt und was getrieben haben. Gestützt auf Gesetz Eindeutige gesetzliche Regelung auf Einsicht. Zugang zu allen dokumentarischen Belegen. Ungehindert. Und nicht hinnehmen, dieses Gesetz relativieren lassen, durch wen auch immer. Einsicht, und nicht Auskünfte, Erläuterungen oder Übersetzungen. Eine Übersetzung durch Personen oder Einrichtungen oder durch die Medien ist weniger als ungenügend. Warum? Darüber gleich mehr. Beispielhaft und konkret. Eine Leuchtturm−Sendereihe der öffentlich−rechtlichen ARD.
Nach dem Grundgesetz ist das Recht auf Information uneingeschränkt. Der Zugang zu Information ist ein Grundrecht. Kein Parlament (der Gesetzgeber), keine Regierung (die Exekutive), kein Gericht (die Judikative) darf dieses Grundrecht antasten.
Der Artikel 5 GG (Meinungsfreiheit, Informationsfreiheit, Pressefreiheit, Freiheit der Kunst und Wissenschaft) legt dieses Grundrecht unmißverständlich fest:
Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift, und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
Über den Teilsatz im ersten Satz des ersten Absatzes: „sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten“ sollte zu gegebener Zeit nachzudenken sein. Es ist selbstverständlich, daß das Grundgesetz nicht den „Ist-Zustand“ beschreibt, sondern den „Soll-Zustand“ festlegt. Verständlich für jeden. Das Volk soll das Grundgesetz auch ohne die vielen Übersetzungshilfen von „Experten“ verstehen können. Vor allem ohne Übersetzungshilfen von jenen, die sich Juristen nennen und behaupten, die „Juristerei“ sei eine wissenschaftliche Disziplin.
So ist das Grundgesetz auch. Jeder Lesekundige kann das Grundgesetz lesen und verstehen. Aber besitzt jeder ein Exemplar des Grundgesetzes? Eigentlich sollte jeder einzelne vom Volk ein Exemplar besitzen. Ausgehändigt von seinem Staat. Kostenlos. Dem ist leider nicht so. Warum geschieht dies noch nicht? Ein Versehen kann dies wohl nicht sein. Oder?
Gibt es in diesem Lande nicht die allgemeine Schulpflicht? Bekommt jeder Schüler ein Exemplar des Grundgesetzes? Gibt es nicht für alle Lehrer „Handreichungen“ von den Schulbehörden? Ist das Grundgesetz darin enthalten? Kennen alle Lehrer das Grundgesetz? Haben alle Lehrer das Grundgesetz gründlich gelesen?
Mir ist die Naivität verloren gegangen, irgendeinem gewählten „Vertreter“ zu vertrauen. Angesichts der alltäglichen Irreführungen durch alle öffentlichen und privaten Einrichtungen. Ja, durch Vertreter aller Einrichtungen. Auch durch das genaue Beobachten und Nachdenken über die Zustände im Alltag.
Der oberste Gesetzgeber, der Bundestag, ist das höchste Organ des Staates. Das Parlament, der Bundestag also, ist die höchste gewählte Vertretung des Volkes. Diese Vertreter, die Abgeordneten des Bundestages also, hätten anordnen können, in einem Gesetz festschreiben können, jedem einzelnen des Volkes ein Exemplar des Grundgesetzes zuzustellen. Dieser elementaren Informationspflicht ist der Gesetzgeber noch nicht nachgekommen. In keiner Wahlperiode. Noch hat ein Bundestag je beschlossen, das vom „Parlamentarischen Rat“ beschlossene Grundgesetz, dem Volk für eine Abstimmung vorzulegen. Der „Parlamentarische Rat“ war kein vom Volk gewähltes Gremium. Die Siegermächte des zweiten Weltkrieges hatten den „Parlamentarische Rat“ eingesetzt.
Trotz alledem ist das Grundgesetz eine brauchbare „demokratische“ Verfassung. Vorausgesetzt, daß das deutsche Volk das Grundgesetz in allen Einzelheiten kennt. Vor allem die Grundrechte. Ich habe Zweifel, ob viele Abgeordnete, Journalisten, Publizisten, Wissenschaftler das Grundgesetz wirklich kennen.
Doch bilden diese Berufsgruppen Meinungen. Und sie haben sich in diesem Staat, in seinem „Ist-Zustand“, eingenistet. Sehr vorteilhaft für sich. Warum sollen sie interessiert sein, daß das Volk seine Rechte genau kennt und davon Gebrauch macht? Warum sollen sie ihre einmal eroberte vorteilhafte Position auf`s Spiel setzen? Abgeordnete, Journalisten, Publizisten, Wissenschaftler?
Hier ist das angekündigte Beispiel aus der Leuchtturm−Sendereihe der öffentlich−rechtlichen ARD. Millionen vom Deutschen Volk sehen und hören die zahlreichen „Talk-Shows“. Immer massiert zu tagespolitischen Ereignissen. Warum heißen diese „Talks“ Talks? Und warum heißen die „Talks“ Shows? Sollen diese Sendungen nicht mehr das Volk informieren wollen? In der Hauptsache nur „Shows“ sein? Sollen diese eher Unterhaltung sein? Das Volk unterhalten? Den Alltag eher vergessen und verdrängen lehren?
Gibt es „Shows“ ohne verkleidete und verdeckte Botschaften? Gibt es „Shows“, in denen keine Information transportiert wird? Ausgewählt und unterhaltend? Kann es „Shows“ geben ohne verdeckten Transport von Information? Ist die Weiterleitung der Information nicht immer nur ein Teil der Information? Ist die Auswahl der Information nicht stets interessengeleitet? Von der Natur der Sache heraus?
Die privaten Sender informieren ihre Zuschauer nach ihren privaten Interessen. In welcher Verpackung auch immer. Logisch. Nachvollziehbar. Aber, was tun die öffentlich-rechtlichen Sender? Sollen sie nicht streng unter der Schirmherrschaft des Grundgesetzes agieren? Das deutsche Volk durch alle ihrer Sendungen so informieren, daß das Volk immer mehr in die Lage kommt, zu jenem Bewußtsein zu gelangen, wie einst in Leipzig? In der DDR? Vor 22 Jahren? Erinnern wir uns noch? „Wir sind das Volk“. Damit eines Tages jener klare Vorsatz auch in der BRD wahr wird? Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Oder soll das Volk nur skandieren üben: „Wir sind ein Volk“?
Erinnern wir uns noch an jene „Talk Show“ am Sonntagabend? In der ARD? Am 19. Juni 2011? Unmittelbar nach dem Kirchentag in Dresden? Unter dem bemerkenswerten Thema:
Sehnsucht nach einer besseren Welt - brauchen wir mehr 'Gutmenschen'?
Ich erinnere mich. Ich war neugierig. Ich wollte gern wissen, was wohl eine „bessere Welt“ und „Gutmenschen“ seien. Und ich wollte auch wissen, was Anne Will und jene wie immer bewußt verlesenen „Talker“ der „Talk Shows“ das deutsche Volk und mich glauben machen wollten. Denn: der Titel der Sendung war schon Programm. Eine Welt mit lauter Gutmenschen. Gutmenschen? Was würde geschehen, wenn wir ganz viele deutsche „Gutmenschen“ in Deutschland hätten? Ein besseres Deutschland? Ein besseres Deutschland als ein Deutschland nach dem Artikel 20 GG und mit den „Grundrechten“?
Dann, dann wäre doch in diesem Land der Denker und Dichter so etwas wie eine „PostdemokratischeGesellschaftsordnung“ eingekehrt. Oder? Eine schöne neue Welt jenseits des Grundgesetzes, ohne die unveränderlichen Grundrechte, ohne vom Grundgesetz abgeleitete Gesetze. Oder?
Schöne freie Fahrt für jene „Gutmenschen“? Ohne die erbarmungslosen Jäger, die sich anschicken, nach der individuellen Ausbeutung des Volkes, nach dem Raub der kommunalen und Landeskassen, nun dazu überzugehen, die Staaten der Völker zur Beute zu machen? Die immer mehr zur Verschuldung gelockten Staaten durch immer höhere Zinssätzen mürbe machen?
Wer sind diese jagenden Gläubiger? Wie konnten diese Gläubiger zu Gläubigern mutieren? So viel Vermögen ansammeln? Daß sie den meisten Staaten unbegrenzt Kredite gewähren können, nur wenn die Höhe des Zinssatzes stimmt? Wie werden die „Gutmenschen“ mit diesen Jägern klar kommen? Mit dem Appell, daß sie sich doch endlich auf Nächstenliebe und Barmherzigkeit besinnen mögen? Oder werden die Völker immer wiedeer „Vertreter“ dulden, die noch bereiter sind, Bürgschaften für diese Jagd zu übernehmen? Auf Kosten der Völker, im Namen der Völker, versteht sich.
Ja, ich war neugierig. Nach der Anmoderation Anne Wills und nach der Vorstellung der Akteure dieser „Polit-Talk Shows“ wähnte ich nichts Gutes. Ich wähnte wirklich nichts Gutes. Und so war es auch. Es war schlicht ein Etikettenschwindel. Es ging gar nicht um die Frage: Sehnsucht nach einer besseren Welt - brauchen wir mehr 'Gutmenschen'?
Gleich einleitend ließ Anne Will die Katze aus dem Sack. Zuallererst sollte Margot Käßmann, auch auf der Bühne aufgestellt, öffentlich zurechtgestutzt werden. Denn:
„Die ehemalige EKD-Ratsvorsitzende Margot Käßmann hat derzeit kein öffentliches Amt inne, aber sie ist populärer denn je. Sie kritisiert die Politik und spricht von ihren Vorstellungen für eine bessere Welt. Kritiker werfen ihr vor, ihre Ansichten wären naiv und würden falsche Erwartungen an ‚Regierungshandeln‘ wecken.“
Im zweiten Gang sollte Winfried Kretschmann vorgeführt werden. Nein, ihm sollte ein Geruch vom Wahlbetrug angehaucht weren.
„Können sogenannte ‚Gutmenschen‘ und ‚Weltverbesserer‘ keine ‚Real-Politik‘? Kann man seinen Idealen nur treu bleiben, wenn man nicht in Verantwortung steht? In Baden-Württemberg ist erstmals ein Grüner Ministerpräsident. Kann er den hohen Erwartungen seiner Wähler gerecht werden oder droht ihm, kaum im Amt, bereits der Glaubwürdigkeitsverlust?“
Die übrigen Akteure neben Margot Käßmann und Anne Will waren − in der alphabetischen Reihenfolge −: Norbert Bolz (ein Hochschullehrer), Winfried Kretschmann (Ministerpräsident), Sebastian Krumbiegel (Liedermacher) und Martin Lindner (FDP Bundestagsabgeordneter). Die Vorstellung der übrigen „Mittalker“ fiel mager aus. Logisch. Es ging ja nicht um „Sehnsucht nach einer besseren Welt - brauchen wir mehr 'Gutmenschen'?“. Margot Käßmann und Winfried Kretschmann sollten wie unverantwortliche Verführer des Volks vorgeführt werden. Nicht einmal auf eine subtile Weise.
Margot Käßmann wird zunehmend ein Problem. Nicht nur für Medienmacher, jene Frontsoldaten der Manipulationsindustrie. Der Klonindustrie. Die Manipulationsindustrie und ihr Klientel sind in Not geraten. Immer mehr Deutsche finden es gut, wie Margot Käßmann ihr im Grundgesetz verbriefte Berechtigung der freien Meinungsäußerung in Anspruch nimmt. Als sie im Amt und Würde war, mussten die Macher der „öffentlichen Meinung“ Margot Käßmann als die „Vertreterin“ einer öffentlichen Einrichtung, der evangelischen Kirche, erdulden. Kirchenmeinung eben. Aber jetzt?
Alle Versuche der Manipulationsindustrie, Margot Käßmann als eine verantwortungslose Trinkerin unschädlich zu machen, sind gescheitert. Selbst nach so langer Zeit ließ Anne Will es nicht nehmen, Margot Käßmann mit jener Fahrt unter der Gürtellinie zu kitzeln. Natürlich fast am Schluß der Sendung. Würde Margot Käßmann auch von ihren hohen Kirchenämtern zurückgetreten sein, wenn sie nicht in eine Polizeikontrolle geraten wäre?
Spätestens nach dem Kirchentag in Dresden ist diese mächtige Manipulationsindustrie wild aufgescheucht und sucht ein wirksameres Mittel, Margot Käßmann zu einem stummen Angehörigen des Volks zurechtzustutzen. Denn sie erzeugt fortwährend Funken. Bekanntlich weiß keiner, welcher Funken einen Flächenbrand verursachen kann. Also, keine Funken zulassen! Wo kämen wir hin, wenn in dieser schönen Republik der sehnsüchtigen „Gutmenschen“ plötzlich „Leipzig“ wiederentdeckt würde: „Wir sind das Volk“. Ja, wo kämen wir denn hin?
Die Bühne war frei. Bevor ich meine Einschätzung über die Inszenierung des Bühnenstücks Sehnsucht nach einer besseren Welt - brauchen wir mehr 'Gutmenschen'? ausbreite, „oute“ ich mich gern. Ich bin kein „fan“ von Margot Käßmann. Sie geht mir auf die Nerven mit ihren Bibelsprüchen. Ohne ihre „Bibelfestigkeit“ scheint sie weniger Wert zu sein. Aber sie ist geradlinig und mutig. So wie sie redet, handelt sie auch. Ich respektiere sie.
Das Grundgesetz dieser Republik gilt für alle. Es schreibt nicht vor, daß das Volk so „klug“ sein muß wie die Neunmalklugen prostituierenden „Intelektuellen“. Frontsoldaten jener fast unsichtbaren kriminellen Bande, die das Finanzkapital beherrscht.
„Nicht wir Politiker machen die Politik, wir sind nur die Ausführenden.
Was in der Politik geschieht, diktieren die internationalen Großkonzerne und Banken“
Also das Grundgesetz dieser Republik schreibt nicht vor, daß das Volk „klug“ sein muß. Das Volk muß nicht „Bildungsbürger“ sein. Das Volk darf sein, wie das Volk eben es will. Einfach und selbstbewußt. Und alle Staatsgewalt soll vom Volk ausgehen. Ich werde mehr Respekt vor Margot Käßmann haben, wenn sie uneingeschränkt zunächst als eine vom einfachen und selbstbewußten Volk auftreten würde, und nicht als eine bibelfeste ehemalige Bischöfin. Aber ich zähle nicht. Was zählt, ist das Grundgesetz.
Ist es nicht grundgesetzwidrig, wenn die öffentlich-rechtliche ARD eine Bühne richtet, auf der eine Vertreterin des Volkes ob ihrer freien Meinungsäußerungen grob getadelt wird? In einem vom Volk finanzierten Fernsehen? Von willigen „Frontsoldaten“ anonymer Mächte, die sich als „Moderatoren“ tarnen? Und ein mehrere zehnfaches von „Hartz IV Existenzminimum“ einsacken? Gelder der Steuerzahler?
Die eingehämmerte Botschaft jener sonntagabendlichen „Talk Show“ in der ARD am 19. Juni 2011 war für das zuschauende Volk: Vorsicht vor Individuen wie Margot Käßmann und Winfried Kretschmann. Das Motto war: das Volk muß geschützt werden vor solchen Volksgenossen, die wie „Gutmenschen“ daher kommen und unverantwortlich einfache politische Forderungen aufstellen. Wie beispielsweise: „Raus aus dem Atomstrom“, „den Krieg in Afghanistan beenden“, „Stuttgart 21 stoppen“ „den Finanzjongleuren und den Banken das Handwerk legen“. Und so weiter.
Denn diese vereinfachenden Volksgenossen trügen keine verantwortungsvollen Ämter. Wenn doch, bringen die „Winfried Kretschmänner“ vor der Wahl, die „Winfried Kretschmänner“ nach der Wahl in beschämende Verlegenheit. Außerdem seien Themen wie diese politischen Themen und „Politik“ überhaupt so komplex, daß weder diese „Gutmenschen“, noch das Volk ohnehin nicht nachvollziehen und begreifen würden, was wirklich Sache ist.
Wer diese Botschaft noch vehementer transportierte? Norbert Bolz (ein Hochschullehrer) und Martin Lindner (FDP Bundestagsmitglied). Beide sind erprobte „Dienstleister“ in dieser Leuchtturm−Sendereihe der öffentlich−rechtlichen ARD. Sie transportierten keine subtilen Botschaften. Es war grobe Propaganda. Grundgesetzwidrige Propaganda. Es war die primitivste Umkehrung des Satzes: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus.“ Das Volk mußte lernen, „Professoren Bolzs“„ „Abgeorneten Dr. Lindners“ und „ModeratorInen Wills“ zu folgen. Damit das „dumme“ Volk „klug“ werden kann.
Ich möchte diesen zweiten Teil über das Grundgesetz nicht schließen ohne die Kernaussagen von Norbert Bolz.Gerichtet an Margot Käßmann und üner Margot Käßmann nachzuliefern.
„ Alles, was Sie sagen, Frau Käßmann, ist völlig akzeptabel und bewundernswert, solange es hinter den Mauern der Kirche bleibt und nicht als Politik auftritt.“
Nicht genug damit. Norbert Bolz hatte nachgelegt:
„Private Meinungsäüßerung ist okay, … (aber) um bei dem Beispiel Frau Käßmann zu bleiben, sie eben nicht als eine Privatperson eine Meinung äußert, sondern, das was sie sagt, eben einen christlichen Mehrwert bekommt … problematisch, weil ihre Meinung nicht einer Privatperson wahrgenommen wird, sondern jene der Evangelischen Kirche, wo möglich die Christliche Auffassung … sie ist verantwortungslos, weil sie kein Amt trägt.“
Und dennoch sich öffentlich als Bürgerin dieser demokratischen Republik zum Wort melden? Unerhört Bemerkenswert! Jede Äußerung von Margot Käßmann, besitzt also für alle Zukunft − so verkündet ein Staatsdiener im Hochschuldienst in der öffentlich-rechtlichen ARD − „einen christlichen Mehrwert“. Ein christlicher Mehrwert? Mehrwert? Wieso sollte ein „Mehrwert“ nicht zulässig sein, sollte es wirklich so etwas geben wie „ein christlicher Mehrwert“? Aus welcher grundgesetzlichen Bestimmung leitet ein Staatsdiener im Hochschuldienst wie Norbert Bolz die Unzulässigkeit eines christlichen Mehrwerts ab? Ich fasse es nicht.
Margot Käßmann, Tochter eines Kraftfahrzeugmechanikers und einer Krankenschwester, geboren 1958, Abitur 1977, Studium der evangelischen Theologie bis 1983, Pfarrerin, theologische Promotion an der Ruhruniversität Bochum, Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, soll nach ihrem Rücktritt von Kirchlichen Ämtern gefällig den Mund halten, wenn sie Verantwortungsbewußtsein besitzt. Keiner widerspricht diesem Hochschullehrer, dem Staatsdiener im Hochschuldienst, Norbert Bolz. Keiner in der „Talk“−Runde. Überhaupt keiner. Nicht in der „Medienkritik“. Nicht der Journalisten Verband. Nicht eine der demokratischen Parteien. Nicht die Landesregierung in Berlin, die diesen Norbert Bolz verbeamtet hat. Widerspruch nirgendwo.
Erstaunliche Sensibilität über Grundrechte und über das Grundgesetz in dieser demokratischen Republik. Die Sensibilität schwindet offensichtlich rasch. Kaum zu glauben, wie rasch auch das Niveau der Talk−Moderatoren sinkt. Die bereits eingefügten folgenden beiden Sätze waren ein aufrichtiges Eingeständnis eines bekannten Politikers auf eine wissen-wollende Frage eines Moderators. 1999. In der öffentlich-rechtlichen ARD.
„Nicht wir Politiker machen die Politik, wir sind nur die Ausführenden.
Was in der Politik geschieht, diktieren die internationalen Großkonzerne und Banken“
Und was hören wir heute von Journalisten, Publizisten, Professoren? Von Politikern ganz zu schweigen. Die genaue Quelle ist am Schluß des Blogs angegeben. Ich entschuldige mich im Voraus für diese kleine Bosheit.
Bis heute habe ich nicht vernehmen können, daß irgendeiner öffentlich wissen will, wie die Christin Margot Käßmann ihr grundgesetzlich verbriefte Berechtigung auf Meinungsfreiheit verwirkt haben soll. Margot Käßmann, so wird widerspruchslos öffentlich verkündet, dürfte sich zu Fragen des politischen Lebens Zeit ihres Lebens nicht äußern, wenn sie verantwortungsbewußt ist. So verkündet die ARD, vertreten durch eine ARD−Journalistin Namens Anne Will, vertreten durch von Anne Will häufig bestellte„Talker“ in ihrer Talk−Runde: Der Bundestagsabgeordnete namens Martin Lindner und der Staatsdiener im Hochschuldienst namens Norbert Bolz. Was bekommen sie als Gegenleistung? „Einen christlichen Mehrwert“ besitzen sie nicht. Welchen „Mehrwert“ bekommen diese Personen denn, um den Artikel 5 GG für Margot Käßmann ungültig erklären zu wollen? Sie außerhalb des Grundgesetzes zu stellen?
Es lohnt sich, die Sendung im Internet in voller Länge anzusehen, die Gesichter anzuschauen und die gesprochenen Sätze genau zu hören. Die gesprochenen Sätze offenbaren nicht die gesamte Tragweite der Unverfrorenheit, nicht wenn uns die Biographie dieser Personen nicht gegenwärtig ist. Die Privatfirma von Anne Will liefert die Sendung im Internet in voller Länge nicht. Das Video ist über ihr Archiv nicht abrufbar. Auch nicht über ARD. Unter "Anne Will 19.6.2011 Gutmenschen-Living Scoop" ist das Video noch zu finden. Aber die Privatfirma von Anne Will liefert Kurzbiographien der Teilnehmer im Internet nach. Ich drücke diese Kurzbiographien zunächst kommentarlos ab.
Ich habe mir angewöhnt, immer die Biographien nicht nur der geschliffenen Rhetoriker mit flachem Geist, der Wortjongleure, die schneller reden als Mensch denken und nachdenken kann, genau anzuschauen, bevor ich mich mit deren inhaltlichen Äußerungen auseinandersetze. Diese Praxis lohnt sich. In meinem nächsten Blog, im dritten über das Grundgesetz, werde ich diese Biographien ergänzen, hinterfragen und kommentieren.. Ich werde auch eine Kurzbiographie von Anne Will nachliefern.
Winfried Kretschmann
Ministerpräsident von Baden-Württemberg
Bildunterschrift: Winfried Kretschmann ] Kurzbiografie: Geboren am 17. Mai 1948 in Spaichingen, Biologie- und Chemie-Studium in Hohenheim. Nach dem zweiten Staatsexamen 1977 arbeitet Kretschmann als Gymnasiallehrer an verschiedenen Schulen in Baden-Württemberg. 1979 gehört er zu den Mitbegründern der Grünen, 1980 zieht er in den baden-württembergischen Landtag ein, dem er mit zwei Pausen bis heute angehört. Im Mai 2011 wird Kretschmann erster grüner Ministerpräsident Deutschlands.
Martin Lindner
Stellvertretender Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion
Bildunterschrift: Martin Lindner ] Kurzbiografie: Geboren am 22.3.1964 in Grünwald. Ausbildung zum Industriekaufmann, anschließend Studium der Rechtswissenschaften in München. Seit 1996 ist er als selbstständiger Rechtsanwalt in Berlin tätig. Der FDP tritt er 1998 bei, im folgenden Jahr promoviert Lindner an der Universität der Bundeswehr in München. 2001 zieht Lindner in das Abgeordnetenhaus von Berlin ein und ist dort ab 2002 Vorsitzender der FDP-Fraktion. 2005 bis 2009 gehört er dem FDP-Bundesvorstand an. Bei der Wahl 2009 wechselt Lindner in den Deutschen Bundestag. Im Mai 2011 wird er zum stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden gewählt. Zudem fungiert Lindner als wirtschaftspolitischer Sprecher seiner Fraktion.
Margot Käßmann
Theologin
Bildunterschrift: Margot Käßmann ] Kurzbiografie: Geboren 1958 in Marburg; studiert nach dem Abitur 1977 Theologie in Tübingen, Edinburgh, Göttingen und Marburg. 1985 wird Käßmann zur Pfarrerin ordiniert. Sie erhält mehrere Lehraufträge an kirchlichen Hochschulen und ist mehrere Jahre Generalsekretärin des Deutschen Evangelischen Kirchentages. Von 1999 bis 2010 ist Käßmann evangelisch-lutherische Landesbischöfin von Hannover, von 2009 bis 2010 auch EKD-Ratsvorsitzende. Derzeit unterrichtet sie als Gastprofessorin für Ökumene und Sozialethik in Bochum.
Sebastian Krumbiegel
Musiker
Bildunterschrift: Sebastian Krumbiegel ] Kurzbiografie: Geboren am 5. Juni 1966, besuchte die Thomasschule in Leipzig und war Mitglied des berühmten Thomaner-Chores. anschließend Gesangs- und Schlagzeug-Studium in Leipzig an der Musikhochschule. Mit Jugendfreunden gründet er eine Band, die ab 1991 unter dem Namen "Die Prinzen" zahlreiche Erfolge feiert. Krumbiegel engagiert sich in mehreren Projekten gegen Rechtsextremismus. Zweimal wählt er als Mitglied der Bundesversammlung den Bundespräsidenten.
Norbert Bolz
Medienwissenschaftler
Bildunterschrift: Norbert Bolz ] Kurzbiografie: Geboren am 17. April 1953 in Ludwigshafen, Studium der Philosophie, Germanistik, Anglistik und Religionswissenschaft in Mannheim, Heidelberg und Berlin mit anschließender Promotion. In den 1980er Jahren assistiert Bolz dem Religionsphilosophen Jacob Taubes. Von 1992 bis 2002 ist er Professor für Kommunikationstheorie an der Universität GH Essen, seit 2002 Professor für Medienwissenschaft an der Technischen Universität Berlin.
Das Grundgesetz, Nachdenken über Demokratie – namentlich über die deutsche Spielart. Ende Teil II
„Nicht wir Politiker machen die Politik, wir sind nur die Ausführenden.
Was in der Politik geschieht, diktieren die internationalen Großkonzerne und Banken“
Kennen wir Johannes Rau noch? Oder „Boulevard Bio“? Das noch nicht gekennzeichnete Zitat ist von Johannes Rau. Er richtete diese Sätze an Alfred Biolek. 1999.