Universität Oldenburg: Die Systematik des Verleugnens, des Verfälschens und des Verdrängens – Teil I
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Beispiel: Humanmedizin an der Universität Oldenburg
Eine Fakultät für Humanmedizin soll es sein. Mit einem Modellstudiengang. Es kommt nicht alle Tage vor, daß eine Universität eine neue Fakultät eingerichtet bekommt. Eher Umgekehrt. Universitäten werden „reformiert“. Dabei wird in der Regel dieser oder jener Studiengang abgeschafft. Auch wenn das Brutto Sozialprodukt im reichen Deutschland wächst. Und das Volk ist verschuldet. Sparsamkeit ist angesagt. Doch wird die Universität Oldenburg um eine neue Fakultät, für ein Studium der Humanmedizin, reicher. Warum eigentlich? Findet eine seriöse Erörterung über diese Frage statt? Oder über den Widerspruch: Sparzwang in einer wachsenden Volkswirtschaft? Sparzwang in einem reichen Land, in dem der Boden für den Kauf von „Drohnen“ schon bearbeitet ist? Damit die Bundeswehr in fremden Staaten Menschen ermorden kann? In geheim gehaltenen Missionen? Wie die USA es vormacht? Läßt die Verfassung Deutschlands, das Grundgesetz, so etwas zu? Eine seriöse Erörterung über all diese Fragen findet an der Universität Oldenburg ebenso wenig statt, wie über viele Widersprüche in dem neuen Modellstudiengang für Humanmedizin. Und Oldenburg ist auch Bayreuth. Erinnern wir uns noch an Geschichten aus der Universität in Bayreuth? Vieles steht auch in meinem Blog: Universität Bayreuth, ihre Professoren, deren Moral. Gedanken Zu: Macht, Medien, Manipulation, Moral.
Wir nehmen zur Kenntnis, daß die Universität Oldenburg eine medizinische Fakultät bekommt, die „ … in enger Kooperation mit der Rijkuniversität Groningen in den Niederlanden im Rahmen der European Medical School Oldenburg-Groningen einen durchgängigen 12-semestrigen Modellstudiengang nach den Vorgaben der ärztlichen Approbationsordnung mit dem Abschluss eines Staatsexamen einrichten wird. Studierende aus Groningen können einen Teil des Studiums in Oldenburg durchführen; Studierende aus Oldenburg werden mindestens ein Jahr ihres Studiums in Groningen absolvieren. In der European Medical School kann auch der niederländische Master of Science in Geneeskunde der Rijksuniversiteit Groningen erworben werden, der nach Europarecht zur Ausübung der ärztlichen Tätigkeit in allen Staaten der Europäischen Union berechtigt.“
Den letzten Satz habe ich zwei Mal lesen müssen. „ … nach Europarecht zur Ausübung der ärztlichen Tätigkeit in allen Staaten der Europäischen Union berechtigt“? Warum diese Art von Begründung? Wer soll getäuscht werden? Wem soll vergessen gemacht werden, daß fertige Humanmediziner vieler Staaten seit Jahren nationale Grenzen überschreiten und überall arbeiten? Ohne berufliche „Probleme“. Ist es nicht so, daß es für reiche Staaten billiger ist, die Dienste der „head hunter“ (Kopfgeldjäger) in Anspruch zu nehmen als im eigenen Staat Nachwuchs auszubilden? Ist es nicht so, daß auf diese Weise die ärmere Staaten seit dem „Kolonialismus“ fortwährend ohne Scham ausgebeutet werden und diese spezielle Art der Ausbeutung als „individuelle Freiheit" des eingefangenen Humanmediziners oder anderer Fachkräfte verkauft wird? Über „Kopfjagd“ und „Kopfgeldjäger“ in einem späteren Blog mehr. Zurück zur Universität Oldenburg. Also warum diese Fakultät, warum dieser Studiengang? Warum in Oldenburg? Ich lasse die Fragen als Merkposten stehen. Ich bin gespannt auf Antworten.
Noch etwas ist auffallend. Die beiden eng zusammenarbeitenden Fakultäten zweier Universitäten scheinen im ersten Blick unterschiedliche Ausbildungsrichtungen verfolgen zu wollen, wie dies in den unterschiedlichen Abschlüssen zum Ausdruck kommt: „European Medical School Oldenburg-Groningen“ ermöglicht (in Oldenburg) einen durchgängigen 12-semestrigen Modellstudiengang nach den Vorgaben der ärztlichen Approbationsordnung mit dem Abschluss eines Staatsexamens und die Geneeskunde der Rijksuniversiteit Groningen sieht lediglich den Abschluß eines niederländischen Bachelors und Masters of Science vor. In meiner Einfachheit (simple minded) meine ich, daß die „Geneeskunde“ doch anders als ein „Modellstudiengang nach den Vorgaben der ärztlichen Approbationsordnung“ sein müßte. Außerdem: worin soll der Modellcharakter in einem durchgängig 12-semestrigen Modellstudiengang nach den Vorgaben der ärztlichen Approbationsordnung mit dem Abschluss eines Staatsexamen denn bestehen? Wird etwa eine andere Art von Humanmedizinern produziert als jene üblichen durch Apparate− Labore− Pharmaindustrie gestützte Mediziner?
Was haben nun die Rijksuniversität Groningen und die Universität Oldenburg gemeinsam? Die Rijksuniversität Groningen ist eine der ältesten niederländischen Universitäten, gegründet 1614. Es ist nicht ohne Belang, daß die Niederländische Ostindien-Kompanie 1602 gegründet wurde, um damals reiche ferne Länder auszurauben. Der Niederländische Rijk ist an dieser Ostindien-Kompanie maßgeblich beteiligt.Die damalige „geistigen Elite“ auch. Sie dienen sich der Ostindien-Kompanie vorbehaltslos an. Diese Ostindien-Kompanie wird von der niederländischen Herrschaft mit allen Hoheitsrechten ausgestattet. Was die Ostindien-Kompanie alles angerichtet hat, ist bis in die 80er Jahren des 20. Jahrhunderts hinein in den Niederländischen Universitäten nicht einmal als „Kolonialismus“, sondern als „Handelsunternehmungen“ verkauft worden. Was die „Handelsunternehmungen“ in der weiten Welt alles angerichtet haben, hält „die geistige Elite“ unter die geraubten Teppiche.
Also, die Rijksuniversiteit Groningen, wie europäische Universitäten schlechthin, ist „Kaderschmiede“ für Raub, Mord, Vergewaltigung, Ausbeutung, nachhaltige Unterdrückung einst reicher Länder gewesen. Nachhaltig bis heute noch. Und die Rijksuniversiteit Groningen ist überall in den Staaten der „Internationalen Gemeinschaft. Der Reichtum der heute reichen Länder ist die Folge des, verniedlicht ausgedrückt, „Kolonialismus“. Da hilft die Systematik des Verleugnens, des Verfälschens und des Verdrängens nicht auf Dauer. Über die Geschichte der europäischen Universitäten, über Wissenschaftler, über Professoren, über Wissenschaft, über Moral später mehr in einem gesonderten Blog. An dieser Stelle ist nur der Hinweis auf meinen Blog: Universitäten, Ihre Wissenschaftler, ihre Hochschullehrer, deren Moral. Über die Perfidie, die Wissenschaft zum Eigentum machen zu wollen.
Und was ist mit der Universität Oldenburg? Was ist bekannt? Was ist verdrängt? Was ist verfälscht? Ein Lehrerseminar von 1793 entwickelt sich bis 1948 zu einer Pädagogische Hochschule Oldenburg. Die Zusammenhänge dieser Entwicklung werden nicht die gleichen sein wie in den Niederlanden.
Hier beziehe ich mich nur auf meine erlebte Erinnerung. Im weiten Land westlich von Hamburg und Hannover gibt es keine Universität. „Der 1000jährige Muff unter dem Talar“ und die 68er Bewegung machen es möglich, daß 1971 in Bremen die erste Universität des Nordwesten Deutschlands gegründet wird. Eine wirkliche Reformuniversität auch als ein Wissenschaftszentrum. Mit den Leitsätzen: Interdisziplinarität, forschendes Lernen in Projekten, Praxisorientierung und Verantwortung gegenüber der Gesellschaft. Wie es zu diesen Leitsätzen gekommen ist und was dahinter stecken, darüber später mehr. Bundesweit wird die Reformuniversität in Bremen als „rote Kaderschmiede“ verunglimpft und verschmäht. Das Bundesland Bremen gilt bekanntlich schon seit geraumer Zeit als eine “rote“ Hochburg.
Bemerkenswert ist, daß 1973 eine zweite und bislang die letzte wirkliche Reformuniversität gegründet wird. Im Bundesland Niedersachsen. Und das obwohl seiner Zeit die eher nicht−reformfreundliche CDU in Hannover regiert. Der Lehrbetrieb dieser Reformuniversität beginnt zum Sommersemester 1974 mit 2.400 Studierenden. Mit acht Diplomstudiengängen und mit dem Modellversuch „Einphasige Lehrerausbildung“.
Bei der Gründung der Universität Oldenburg greifen die Leitsätze weiter als jene der Universität Bremen: Integration von Theorie und Praxis, Interdisziplinarität, flächendeckend forschendes Lernen in Projekten, kritische Distanz zum Drittmittel für universitäre Forschung, Drittelparität (Lehrende –Studierende-Dienstleister) bei allen universitären Entscheidungen, Universität als ein wissenschaftlich gestützter Dienstleistungsbetrieb für die Region und vor allem im Geist von Carl von Ossietzky. Auch über die Leitsätze dieser Reformuniversität später mehr.
Die Stadt Oldenburg, (die veröffentlichte öffentliche Meinung in der Stadt), begrüßt die Ziele der Universität nicht. Die Stadt will keine „rote“ Universität. Die Universität will Carl von Ossietzky Universität sein, will den Namen Carl von Ossietzky als sichtbare Hervorhebung der Verpflichtung führen. Nicht die heute propagierte seichte Freiheit. (Carl von Ossietzky hat sein Leben in einem KZ unweit von Oldenburg lassen müßen. In Esterwegen.) Einstimmiger Beschluß aller Gremien der Universität. Die CDU−Landesregierung von Ernst Albrecht lehnt die Namensgebung ab. Carl von Ossietzky? Warum soll eine Universität „Carl von Ossietzky“ heißen? Die Stadt will auch keine Carl von Ossietzky Universität in Oldenburg Sie will eine „anständige“ Universität Oldenburg.
Neben dem vollen Lehrbetrieb für integrierte Ausbildung von Diplomanden und Lehramtsanwärtern kämpfen die Angehörigen der neuen Universität dafür, daß die Universität den Namen Carl von Ossietzky nach außen trägt. Auch die Stadt Oldenburg soll lernen, das gelebte Leben von Carl von Ossietzky als ein verpflichtendes Programm zu verinnerlichen. Die Studierenden der Universität schmücken immer wieder den einzigen Turm auf dem Gelände in Nacht- und Nebelaktionen mit dem Namenszug Carl von Ossietzky. Polizeiaktionen folgen. Strafgesetzlichen Ermittlungen bleiben ergebnislos. Täter können nicht dingfest gemacht werden. Es gibt keine Verurteilungen. Während dieser Zeit ist die Universität wirklich die „Carl von Ossietzky Universität“ in Oldenburg. Aufbruchsstimmung.
Damals ist keinem der Angehörigen der Carl von Ossietzky Universität in Oldenburg eingefallen, eine Zusammenarbeit mit der Rijksuniversität Groningen zu suchen. Zusammenarbeit gibt es mit einer anderen niederländischen Universität. Mit der Universität Amsterdam. Die Studierenden der alten Universität Amsterdam kämpfen, um eine tradierte Universität mit „Stühlen“ (mit bestalten Hochschullehrer) zu reformieren, den Lehr− und Forschungsbetrieb vom „Elfenbeinturm“ in die Niederungen der Gesellschaft zu tragen. Sie wollen ihre Universität in den Dienst der Gesellschaft stellen.
Sie erfinden „Wissenschaftsläden“. Was Wissenschaftsläden sind? Das Konzept ist einfach und einsichtig. Das Volk finanziert die Wissenschaft. Die Wissenschaft soll für praktische Probleme des Volkes wissenschaftlich begründete Abhilfe schaffen. Das Volk in Amsterdam wird gebeten, sich mit ihren Problemen an die Universität zu wenden. Die Wissenschaftsläden an der Universität nehmen die Probleme entgegen und erfragen bei den „bestuhlten“ Wissenschaftlern, ob ihnen das Problem bekannt sei, ob sie diese wissenschaftlich erforscht hätten und ob sie bereits Lösungen anbieten können. Wenn nicht, sollten sie mit der Erforschung beginnen. So kommen die Wissenschaftler der alten Universität zu Forschungsgegenständen, die sonst „dem Elfenbeinturm“ fremd bleiben.
Zusammenarbeit gibt es natürlich auch mit der Universität in Bremen, mit der Universität in Roskilde in Dänemark, mit der „Brighton Polytechnic“ in England. Über die erlebte Geschichte der letzten Reformuniversität in Oldenburg später mehr. Hier nur so viel. Die „Einphasige Lehrerausbildung“ ist mit Erfolg abgeschlossen worden. Die anderen Reformleitsätze scheitern nicht. Doch die Reformuniversität in Oldenburg ist eingeholt worden, auch von Kräften innerhalb der Universität, die den Eigennutz höher stellen als die gesellschaftliche Verpflichtung der Wissenschaft.
Wie schleichend dieser Vorgang gewesen ist und auch noch ist, deutet die folgende zurückhaltend erzählte Kurzgeschichte nur an:
„Als die Universität Bremen 1971 als Reformuni startete, war vor allem die Wirtschaft skeptisch gegenüber den linksgerichteten Ideen. Das wandelte sich über die Jahre. Im Jubiläumsjahr steht sogar die ehemals heilige "Zivilklausel", die die Beteiligung an militärischen Projekten verbietet, zur Diskussion.“
Im Klartext heißt es wohl, daß auch der reformfreudigste Hochschullehrer ein Intellektueller ist, und die Intellektuellen aller Zeiten gerne „Prostutierte“ sind. Günter Grass hat erst kürzlich nicht nur die Deutsche Öffentlichkeit mit einem Leitsatz bereichert: „was gesagt werden muß“. Hier ist ein anderes Beispiel von „was gesagt werden muß“. Die Übersetzung des englischen Textes ist von mir:
„In Amerika heute – bezogen auf die Weltgeschichte −, existiert nichts wie eine „unabhängige Presse“. Sie wissen es und ich weiß es. Keiner von Ihnen schreibt über seine ehrlichen Meinungen, weil Sie im Voraus wissen, diese würden nie gedruckt. Wöchentlich werde ich bezahlt, damit ich meine ehrlichen Meinungen aus meiner Zeitung heraushalte.
„Auch Sie erhalten ähnliche Gehälter für das Ähnliche, und wäre einer von Ihnen so dumm über ehrliche Meinungen zu schreiben, stünde er auf der Straße, um sich nach einer anderen Arbeit umzuschauen. Erlaubte ich meiner ehrlichen Meinung in einer Ausgabe meiner Zeitungen zu erscheinen, wäre ich binnen 24 Stunden meinen Job und Beruf los.
„Das journalistische Geschäft ist, die Wahrheit zu zerstören, skrupellos zu lügen, zu verfälschen, kriechend zu Füssen des Mammons zu schmeicheln und unser Land und unsere Leute für das tägliche Brot zu verkaufen. Sie wissen es und ich weiß es, wie töricht der Trinkspruch auf unabhängige Presse ist. Wir sind die tanzenden Marionetten der Stoppelzieher. Unsere Begabungen, unsere Möglichkeiten und unser Leben sind Eigentum von den Anderen. Wir sind intellektuelle Prostituierte.“
Ein Doyen der New Yorker Presse, John Swington, findet diese Worte als Tischrede bei seinem Abschiedsdinner. Allen, die ständig dabei sind, sich immer wieder neu aufzustellen, stünden nachdenkliche Worte wie diese gut zu Gesicht. Vor allem deutschen Professoren, Publizisten, Journalisten, Politikern. Nicht erst beim Abschied in den Ruhestand.
Auch Günter Grass hat sich Zeit gelassen mit dem Leitsatz, „was gesagt werden muß“. Aber wie heißt es so schön im Volksmund? „Lieber spät, als gar nicht.“ Ich habe es nicht verstanden, warum er, Günter Grass, das „über ihn Herfallen“ überhaupt noch kommentiert hat. Wäre es stattdessen nicht angebracht gewesen, die Öffentlichkeit wissen zu lassen, was alles ihn irgendwann geplagt hat, und er sich nicht in der Lage gesehen hat zu sagen, „was gesagt werden muß“? Und was die Gründe seines Schweigens gewesen sind?
Professoren, Publizisten, Journalisten, Politiker sind nicht nur in Deutschland intellektuelle Prostituierte. Die „ModeratorInnen“ der elektronischen Medien müssen nicht besonders erwähnt werden. Zuweilen sind wir alleintellektuelle Prostituierte. Eigentlich ist der Begriff intellektuelle Prostituierte eine Beleidigung für die „Prostituierten“. John Swington ist nichts Besseres eingefallen. Mir fällt auch nichts Besseres ein. Außer, daß wir Prostituierte und Zuhälter zugleich sind.
Es gibt wenige, die erkennen, daß es erbärmlich ist, sich ohne „Not“ in „Jahrmärkten“ aufzustellen. Wohl gemerkt, sich aufzustellen oder aufstellen zu lassen und nicht aufstellen zu müssen. Mein Respekt für Günter Grass und für John Swington.
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Nun zurück zu den Fragen: Was haben nun die Rijksuniversität Groningen und die Universität Oldenburg gemeinsam? Nur das weite „Land“ um Oldenburg und um Groningen? Wie paßt die Gründung einer neuen Fakultät in die allgemeine „Sparlandschaft“ in Europa? Warum dieser merkwürdige Name?: European Medical School Oldenburg-Groningen? Was ist das besondere an diesem Studiengang, daß dieser als ein Modellstudiengang vermarktet wird? Was ist das „modelhafte“ an diesem Studiengang? Könnte es sein, daß European Medical School Oldenburg-Groningen eine Mogelpackung ist? Eine schlankere Version des humanmedizinischen Studiums? Wie jene „Barfuß Doktoren“ in China? Ohne die notwendige Einrichtung von aufwendigen Universitätskliniken für die beabsichtige Integration von „Forschung und Heilung“? Eine noch billigere Version als das Model der „Kopfgeldjäger“? Ich bin gespannt auf Antworten auf diese und ähnliche Fragen.
Stutzig geworden bin ich auch durch den Paragraphen 63 i des Niedersächsischen Hochschulgesetzes in der Fassung vom 26. Februar 2007, insbesondere durch Absätze 1 und 2:
Medizinische Fakultät der Universität Oldenburg
„(1) 1 Die Universität Oldenburg schließt mit Trägern von besonders qualifizierten Krankenhäusern Vereinbarungen über die Mitwirkung der Krankenhäuser an den von der Medizinischen Fakultät der Universität Oldenburg zu erfüllenden Aufgaben. 2 In den Vereinbarungen ist sicherzustellen, dass die Hochschule sowie ihre Organisationseinheiten, Angehörigen und Mitglieder das Recht der Wissenschaftsfreiheit, die Rechte nach diesem Gesetz sowie die Rechte nach der Grundordnung wahrnehmen können. 3Die Vereinbarungen bedürfen der Zustimmung des Fachministeriums.
(2) Die Universität Oldenburg kann mit Zustimmung des Fachministeriums Träger von Krankenhäusern, mit denen Vereinbarungen nach Absatz 1 geschlossen sind, ermächtigen, die an Forschung und Lehre mitwirkenden Abteilungen als Universitätsklinik mit einem fachspezifischen Zusatz zu bezeichnen.
(3) § 63 a Abs. 3 gilt für die Universität Oldenburg entsprechend.
(4) 1 Das Amt der Dekanin oder des Dekans der Medizinischen Fakultät wird hauptberuflich wahrgenommen. 2 Der Vorschlag des Fakultätsrats für die Ernennung oder Bestellung sowie für eine Entlassung der Dekanin oder des Dekans bedarf der Bestätigung des Präsidiums und des Fachministeriums. 3 Zur Vorbereitung des Vorschlags für die Ernennung oder Bestellung richtet das Präsidium eine Findungskommission ein, die eine Empfehlung abgibt. 4 Die Findungskommission besteht aus der Präsidentin oder dem Präsidenten, Mitgliedern der Medizinischen Fakultät und Vertreterinnen oder Vertretern der Krankenhäuser, mit deren Trägern Vereinbarungen nach Absatz 1 geschlossen sind; den Vorsitz führt die Präsidentin oder der Präsident. 5 Das Nähere regelt eine Ordnung.“
Eine Reihe von Fragen taucht auf. Wie so
„die Universität Oldenburg“ und nicht „Carl von Ossietzky Universität Oldenburg“? Es soll ja ein offizieller Akt zur Namensgebung der Universität nach Carl von Ossietzky mit dem seinerzeitigen Ministerpräsident Gerhard Schröder 1991 stattgefunden haben.
Vereinbarungen mit Trägern von besonders ( ! / ? ) qualifizierten Krankenhäusern über die Mitwirkung ( ? ) der Krankenhäuser?
von der medizinischen Fakultät der Universität Oldenburg zu erfüllende Aufgaben?
Vereinbarungen mit an Gewinn orientierten privaten Trägern von Krankenhäusern über die Wissenschaftsfreiheit der Hochschule sowie ihren Organisationseinheiten, Angehörigen und Mitgliedern?
Vereinbarungen über die Rechte nach der Grundordnung?
die an Forschung und Lehre mitwirkenden Abteilungen als Universitätsklinik (mit einem fachspezifischen Zusatz) bezeichnen?
keine Erwähnung von European Medical School Oldenburg-Groningen?
die besondere Erwähnung, erster Satz, Abs. 4: „Das Amt der Dekanin oder des Dekans der Medizinischen Fakultät wird hauptberuflich wahrgenommen“?
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Stutzig geworden bin ich auch durch den seichten marktschreierischen Verkauf der Neugründung einer Medizinischen Fakultät in Deutschland nach mehr als zwei Jahrzenten. Aus den Eigendarstellungen im Netz entnehme ich nicht nur widersprüchliches. Beispiele (Einfügungen sind von mir):
„Pünktlich zum Wintersemester 2012/13 wird der Modellstudiengang an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg beginnen. Zum 15. Juli 2012 wurde dazu die Fakultät für Medizin und Gesundheitswissenschaften als 6. Fakultät der Universität Oldenburg (ist der Umgang mit Carl von Ossietzky nicht bemerkenswert? Später darüber mehr.) eingerichtet. Vertragspartner (Vertragspartner?) sind die Universität Groningen und die Oldenburger Kliniken (Evangelisches Krankenhaus, Pius Hospital, Klinikum Oldenburg) in Kooperation mit weiteren Kliniken und niedergelassenen Ärzten in der NordWestregion.
Seit über 20 Jahren wurde damit in Deutschland erneut eine Universitätsmedizin (Fakultät) gegründet. ‚Dabei handelt es sich um ein länderübergreifendes Vorhaben mit bundes- bzw. europaweitem Modellcharakter‘ so Prof. Dr. Hahn.“ Auf Prof. Dr. Hahn kommen wir noch ausführlich zurück.
Unmittelbar danach lese ich noch Verwirrenderes und frage mich, ob „der Modellstudiengang an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg“ identisch sein soll, mit der
„Die European Medical School Oldenburg-Groningen (EMS) ist ein deutsch-niederländisches Kooperationsprojekt der Universitäten Oldenburg und Groningen – und mit diesem länderübergreifenden Profil einzigartig in Europa.“
„European Medical School Oldenburg-Groningen“ ist keine private GmbH. Warum diese englische Namensgebung? Warum „School“ und nicht College? Die Studierenden der Humanmedizin an der Rijkuniversität Groningen in den Niederlanden studieren nicht in EMS. Es wird von der Niederländischen Universität nicht angedeutet, daß ihre Studierenden der Humanmedizin ein Jahr im EMS studieren sollen. Also was sollen diese Wortblasen, die ins Netz gestellt sind? Wer soll hinters Licht geführt werden und warum? Mit den Wortblasen geht es noch munter weiter.
„Ziel der EMS ist es, neue(neue?) Wege in der Medizinerausbildung zu gehen. Das Lehrkonzept ist praxisorientiert und forschungsbasiert – und bietet die Chance, hochqualifizierte Ärztinnen und Ärzte für die Nordwestregion auszubilden.“
Seit wann ist ein praxisorientiert− und forschungsbasiertes Lehrkonzept neu? Wollen die Planer des Studiengangs Humanmedizin in Die European Medical School Oldenburg-Groningen (EMS) im Besonderen und die Oberen der Universität Oldenburg im Allgemeinen „das Rad“ erfunden haben? Oder läßt etwa Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg grüßen?
Es gibt keinen Studiengang, der nicht praxisorientiert und forschungsbasiert ist. Nicht in Oldenburg, nicht in Deutschland, nirgendwo. Es kommt darauf an, genau zu beschreiben, an welcher Praxis sich orientiert wird und auf welche Forschungsergebnisse „basiert“ wird und ob Forschungen auch wirkliche Forschungen sind . Die genaue Beschreibung setzt entweder eigene aktuelle Arbeiten voraus, oder den Fleiß der kritischen Würdigung aller Forschungsergebnisse auf diesem Gebiet und auf die Offenlegung der Würdigung. Sonst sind die Übernahmen solcher Begriffe plumpe Plagiate. Und Plagiate sind Hochschullehrern an der Universität Oldenburg nicht fremd. Darüber später mehr.
Was soll es denn desweiteren bedeuten, „Das Lehrkonzept … bietet die Chance, hochqualifizierte Ärztinnen und Ärzte für die Nordwestregion auszubilden.“? Sind die heute tätigen Ärztinnen und Ärzte in der Nordwestregionnicht genug qualifiziert? Wenn dies so wäre, wäre „die Zusammenarbeit von Universität und den drei Oldenburger Krankenhäusern – das Klinikum, das Evangelische Krankenhaus und das Pius-Hospital, … mit der Karl-Jaspers-Klinik … und mit niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten“nicht nachvollziehbar. Oder?
„European Medical School Oldenburg-Groningen“ trommelt" mit Wortblasen munter weiter. Diese sind selbstredend.
]„Durch die Zusammenarbeit von Universität und den drei Oldenburger Krankenhäusern – das Klinikum, das Evangelische Krankenhaus und das Pius-Hospital – entsteht ein neuer universitätsmedizinischer Standort in Oldenburg. Dieser schließt eine Versorgungslücke in der Region. Enge Kooperationen mit der Karl-Jaspers-Klinik im Bereich Psychiatrie und mit niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten sind ebenfalls wichtige Bausteine der Oldenburger Universitätsmedizin.“
„European Medical School Oldenburg-Groningen“ konstatiert wirklich eine Versorgungslücke in der Region, die sie mit Hilfe der Apparate− Labore− Pharmaindurstrie− gestützten Medizin schießen will. Sie liefert keine Belege – von fundierten Belegen ganz zu schweigen − für ihre Behauptung, daß es eine Versorgungslücke in der Region tatsächlich gibt. Kann es sein, daß die Übung „European Medical School Oldenburg-Groningen“ nichts anders beabsichtigt als Regionen durch Apparate− Labore− Pharmaindurstrie gestützte Medizin zu „kolonisieren“ und noch nicht “kolonisierte“ Regionen von reich überlieferten Heilkunden zu bereinigen? Daß den überlieferten Heilkunden der Garaus gemacht werden soll? Daß die „European Medical School Oldenburg-Groningen“ nur die Speerspitze von flächendeckender „Kolonisation“ ist?. Darüber später mehr.
„Jedes Jahr beginnen 40 Studierende an der Universität Oldenburg ein Medizinstudium. Vom ersten Tag ihres Studiums an werden sie intensiv auf ihren Beruf vorbereitet – durch problemorientiertes Lernen mit Tutoren, durch berufsbezogene Kommunikationsschulung und durch konsequente Forschungsbezüge im Studium. Der Studiengang schließt mit dem Staatsexamen ab. Zusätzlich kann an der Partneruniversität Groningen der Masterabschluss in ‚Geneeskunde‘ erworben werden.
Eine Besonderheit der Ausbildung ist der Studierendenaustausch. Dazu gehört nach Groninger Vorbild auch das Forschen in standortübergreifenden Projekten. Mindestens ein Jahr ihrer sechsjährigen Ausbildung verbringen die Oldenburger Studierenden in Groningen, Groninger Studierende haben die Möglichkeit, ein Jahr in Oldenburg zu studieren. Auf diese Weise bekommen niederländische und deutsche Studierende einen profunden Einblick in ein anderes europäisches Gesundheitssystem.
Zwei Forschungsschwerpunkte prägen die universitäre Medizin in Oldenburg: ‚Neurosensorik‘ und ‚Versorgungsforschung‘. Im Bereich der Neurosensorik arbeiten Wissenschaftler der Universität Oldenburg schon seit Jahren intensiv mit der Universität Groningen und den Oldenburger Kliniken zusammen. In der „Versorgungsforschung“ gibt es eine gute Basis, auf der aufgebaut werden kann.
Von der European Medical School profitiert die gesamte Nordwestregion. Sie trägt dazu bei, dass innovative Behandlungsmethoden im Nordwesten noch besser verfügbar werden. Und in der Gesundheitswirtschaft setzen EMS und universitäre Medizin kräftige und nachhaltige Impulse.“
Diese üblen Werbeblasen sind wirklich nicht kommentierbar. Den Machern der European Medical School und den Oberen der Universität Oldenburg ist nicht einmal aufgefallen, daß die universitäre Medizin in Oldenburg nicht durch etwas geprägt werden kann, bevor sie etwas prägbares hergestellt hat.
Die Frage taucht auf, ob die Nordwestregionwirklichunterversorgt ist und worin die Unterversorgung besteht. Die Frage taucht auf, ob die Nordwestregionganz im Gegenteil noch nicht total im Griff der Apparate− Labore− Pharmaindurstrie gestützten „Chemiekeule“ ist und deshalb eine „Unterversorgung“ durch Ärztinnen und Ärzte konstatiert wird?. Empirische Belege über den Gesundheitszustand der Nordwestregionfehlen. Wenn die Nordwestregionunterversorgt wäre, würde die Folgefrage auftauchen:
Sind die Menschen in dieser Region gesundheitlich schlechter dran als jene im Bundesdurchschnitt?
Ist die Sterberate in der Nordwestregion höher als jene im Bundesdurchschnitt?
Sind die krankheitsbedingte Ausfälle in der Nordwestregion häufiger als jene im Bundesdurchschnitt?
Ist die Erkrankungshäufigkeit in der Nordwestregion höher als jene des Bundesdurchschnitts.
Sollte es zutreffen, daß die Apparate− Labore− Pharmaindurstrie gestützte Medizin in der Nordwestregion untervertreten ist, dann werden zumindest die Folgefragen auftauchen:
Worauf ist zurückzuführen, daß die Gesundheitssituation in dieser Region dennoch nicht beeinträchtigt worden ist.
Gibt es etwa andere überlieferte Heilkunden in der Nordwestregion, die in den Ballungsräumen verdrängt worden sind?
Ende Teil I des Blogs:
Universität Oldenburg: Die Systematik des Verleugnens, des Verfälschens und des Verdrängens. Beispiel: Humanmedizin an der Universität