Universität Bayreuth, ihre Professoren, deren Moral
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Gedanken Zu. Macht, Medien, Manipulation, Moral
Den deutschen Hochschulen sind Betrug und
Plagiat nicht fremd. Nicht nur den deutschen Hochschulen. Heute, wie in der
Geschichte. Die Prüfungsordnungen auf allen Ebenen treffen entsprechende
Vorkehrungen. Das übrige besorgt das Strafrecht. So ähnlich wie bei der
Dopingkontrolle. Immer Vorkehrungen treffen. Nie über die Ursachen Nachdenken.
Es ist peinlich und folgenschwer für den, der
sich erwischen läßt. Über die Dunkelziffer ist nichts Genaues bekannt.
Außergewöhnlich ist, daß ein Plagiatsfall eine ganze Hochschule ins Gerede
bringt. Die Universität Bayreuth ist im
Februar 2011ins Gerede gekommen. Professoren dieser Hochschule sind in
Erklärungsnot. Nicht nur jene ihrer Vorzeigefakultät. Eine höchst benotete Dissertation hat sich als flächendeckendes Plagiat
erwiesen. Aufgedeckt wird das Plagiat fünf Jahre nach dem Abschluß eines
ordentlich abgelaufenen Promotionsverfahrens.
Hier sind die Fakten. Ein nicht mehr
immatrikulierter Absolvent der Universität Bayreuth vereinbart mit einem angeblich
international bekannten Professor der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen
Fakultät
ein Promotionsthema und stellt 1999 einen Antrag auf eine Sonderzulassung zur
Promotion. Die Promotionskommission der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen
Fakultät
stimmt dem Antrag zu.
Ja, die Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen
Fakultät! In
Deutschland gibt es eine Inflation von „Wissenschaften“. Ich habe nie
begriffen, aus Gesetzeskunde zu „Rechtswissenschaft“ mutiert. Auch nicht aus
„Märkten und Handeln“ Wirtschaftswissenschaft. Aber ich muß das ja auch nicht
begreifen. Auf Englisch würde es schlicht „Faculty of Law and Economics“
heißen. Das kann ich nachvollziehen. Aber zurück zu den Fakten, welche die
Professoren der Universität Bayreuth in Erklärungsnot gebracht haben.
Die Dissertation wird 2006
eingereicht. Die Fakultät bestimmt zwei Gutachter. Beide Gutachter bewerten die
Dissertation mit der Höchstnote. Vor der mündlichen Prüfung liegen die Dissertation
und die beiden Gutachten in der Fakultät öffentlich aus. Nach einer
ordentlichen Bekanntmachung, versteht sich. Im Rigorosum (mündliche
Abschlussprüfung) wird die Höchstnote bestätigt. Die Promotion kommt nach sieben
Jahren ordnungsgemäß zum Abschluß. Ohne besondere Vorkommnisse. Ein typischer
Ablauf. Eine Bilderbuch Promotion. Der Frischpromovierte darf mit
Sondergenehmigung den Titel Dr. jur. schon führen, bevor die Pflichtexemplare
der Dissertation abgeliefert sind. Der neue Dr. jur. ist Mitglied des Deutschen
Bundestages. Sein Name: Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg.
Die Promotionsschrift, die nach der
Promotionsordnung zu neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen geführt haben
müßte, kommt 2009 in einem renommierten Wissenschaftsverlag als Buch heraus. Der
Autor hat zwischenzeitlich politische Karriere gemacht. Er ist der beliebteste
Politiker Deutschlands. Dann kommt der Februar 2011. Die Süddeutsche Zeitung
will berichten, daß ein Rezensent dieses Buches, ein Professor an der
Universität Bremen, behauptet, daß die Promotionsschrift Guttenbergs ein übles
Plagiat sei.
Vorab informiert die Süddeutsche Zeitung
Guttenberg und die Universität Bayreuth. Am 16. Februar 2011 macht die
Süddeutsche Zeitung die Bezichtigung des Bremer Professors öffentlich. Unverzüglich
qualifiziert Guttenberg die Unterstellung des Bremer Professors Andreas Fischer-Lescanos als „abstrus“. Sein
Doktorvater Professor Peter Häberle kommentiert unmittelbar danach: „Der Vorwurf ist absurd, die Arbeit
ist kein Plagiat“. Und „Sie wurde von mir in zahlreichen Beratungsgesprächen
eingehend kontrolliert.“
Bis hier hin, konnte die wissenschaftliche Welt in
Bayreuth in Ordnung gewesen sein, was die Unterstellung des Plagiats angeht.
Wer ist dieser Bremer Professor? Universität Bremen? War diese Universität nicht
in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts berüchtigt als eine „linke
Kaderschmiede“?
Wie auch immer. Die Gemeinde der Wissenschaftler in
Deutschland hätte die erste Stellungnahme von Peter Häberle nachdenklich
stimmen müssen. „Der Vorwurf ist absurd, die Arbeit ist kein Plagiat“ und „Sie
wurde von mir in zahlreichen Beratungsgesprächen eingehend kontrolliert.“ In zahlreichen Beratungsgesprächen
eingehend kontrolliert? Wenn dies so gewesen ist, steht dies nicht im
Widerspruch zu den Promotionsordnungen deutscher Universitäten?
Auch in der Promotionsordnung der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät an der Universität Bayreuth lesen wir: “Die Dissertation muss eine selbständige wissenschaftliche Leistung
darstellen und zur Lösung wissenschaftlicher
Fragen beitragen. Sie soll zu neuen
wissenschaftlichen Erkenntnissen führen.“ Und: „Durch die Promotion wird eine besondere wissenschaftliche
Qualifikation nachgewiesen.“
Wieso hat Peter Häberle dem Doktoranden Guttenberg keine
Möglichkeit gelassen, den Nachweis zu erbringen, daß dieser zu einer selbstständigen wissenschaftlicher
Leistung fähig ist? Und sollte Peter Häberle tatsächlich auch seinen
Doktoranden Guttenberg in zahlreichen
Beratungsgesprächen eingehend kontrolliert haben, wer trägt dann die
Hauptverantwortung für das nun allseitig feststehende Plagiat, der Lehrling
oder der Meister? Die Moral der Wissenschaftler verlangt eine eindeutige Stellungnahme
zu der Frage nach der Verantwortung von Peter Häberle.
Der in
zahlreichen Beratungsgesprächen eingehend kontrollierte Doktorand
Guttenberg reicht der Fakultät mindestens zwei Exemplare der fertigen
Dissertation ein. Der Doktorvater Peter Häberle und sein Kollege Rudolf Streinz sollen
jeweils eine Kopie der Arbeit zur Begutachtung bekommen haben. Beide angeblich international
renommierten Professoren begutachten die vorliegende Dissertation mit der
Höchstnote. Beiden renommierten Wissenschaftler fällt nicht auf, daß die
Dissertation weitest gehend auf Plagiaten beruht.
Haben sich etwa diese renommierten Wissenschaftler in der
einschlägigen Literatur zum Thema nicht ausgekannt? Und sind sie der deutschen
Sprache nicht mächtig genug, um nicht über jene Stilbrüche im Text zu stolpern,
die Guttenberg möglicherweise im Eifer des Abschreibens übersehen hatte? Oder
haben sie etwa die Dissertation ungelesen benotet? Gefälligkeitsgutachten etwa?
Eigentlich müßte auch die Ludwig-Maximilian-Universität München Rudolf Streinz
zur Rechenschaft ziehen, wie er die Dissertation Guttenbergs mit summa cum laude benoten konnte. Seit
einigen Jahren beehrt Rudolf Streinz diese Universität in München. Die Ludwig-Maximilian-Universität
München hat Rudolf Streinz zur Rechenschaft gezogen. Wie sollen wir alle diese Ungereimtheiten
bewerten?
Die Dissertation und die beiden Gutachten liegen
in der Fakultät öffentlich aus. Nach der gebotenen Ankündigung versteht sich. Zur
Kenntnisnahme und zu eventueller Kritik. Eigentlich hätte die ganze Fakultät aufhorchen
müssen, weil ja die Höchstnote für eine Dissertation nicht alltäglich ist. Wir
wissen nicht, wie viele Fakultätsmitglieder die Dissertation noch vor der
mündlichen Prüfung gesichtet haben. Über kritische Einwände ist nichts bekannt
geworden. 2006 wird das Promotionsverfahren abgeschlossen. Die beiden Meister
und ihr Lehrling wähnen sich in Sicherheit. Wie weltfremd ist das Trio gewesen,
als es die Dissertation als Buch für die Veröffentlichung im renommierten
Verlag Duncker & Humblot freigab. Auch renommierte Verlage wollen Geld machen.
Kasse machen können sie nur, wenn die Arbeit flächendeckend rezensiert wird.
Nicht alle Rezensenten sind von der Zunft abhängig und haben Angst als
Nestbeschmutzer am Pranger zu stehen. Also, 2011 fliegt das Plagiat auf.
Es wäre zu keinem Tsunami der Empörung
gekommen, wenn „der Lehrling und die Meister“ die Eselsbrücke der Süddeutschen
Zeitung benutzt hätten. Gut, es ist gewiß nicht sauber, daß die Zeitung vor
ihrer Veröffentlichung die Entdeckung von
Andreas Fischer-Lescanos „dem Lehrling“, den“ Meistern“ und der Universität
Bayreuth zur Kenntnis gegeben hat. Als Rückversicherung etwa?
Hätten „der Lehrling und der Bayreuther
Meister“ nicht so arrogant, so dumm-dreist, so ignorant machtbewußt reagiert,
hätten sie für die Prüfung der Bezichtigung viel Zeit kaufen können. Daß sie es
nicht getan haben, scheint ein Hinweis dafür zu sein, daß „der Lehrling und der
Bayreuther Meister“ nicht gewußt haben, was ein Plagiat in Wirklichkeit ist.
Wie sonst ist zu erklären, daß unmittelbar nach
der Veröffentlichung des Verdachts des Plagiats Guttenberg die Vorwürfe als „abstrus“ bezeichnete und
sein Doktorvater Peter Häberle so kommentierte: „Der Vorwurf ist absurd, die
Arbeit ist kein Plagiat“. Und „Sie wurde von mir in zahlreichen Beratungsgesprächen
eingehend kontrolliert.“ Danach
geht Peter Häberle auf Tauchstation.
Wenn Peter Häberle tatsächlich seinen Doktoranden
Guttenberg in zahlreichen
Beratungsgesprächen eingehend kontrolliert hat, schuldet seine Fakultät im besonderen
und die Universität Bayreuth im allgemeinen eine nachvollziehbare schlüssige
Erklärung darüber, in welcher Phase und auf welche Weise der Doktorand Guttenberg
den Nachweis seiner wissenschaftlichen Qualifikation hätte bringen können. Gleich
werden wir wissen, daß zahlreiche Beratungsgespräche und eingehende Kontrolle
an der Universität Bayreuth die gängige Praxis sind. Wird etwa die Arbeit der
Doktoranden als Zulieferdienst für die Doktorväter mißbraucht?
*****
Bekanntlich ist das Abitur die Zulassungskarte für die
Hochschule. Das wissenschaftliche Handwerk wird im Betrieb erlernt, wie bei
anderen Lehrlingen auch. Lernen, die Bibliothek und andere Einrichtungen der
Hochschule zu nutzen, die wissenschaftliche Literatur vernünftig zu lesen und
Notizen darüber zu machen, unterschiedliche Zitierweisen zu kennen, zu Bibliographieren,
sich Kenntnisse über die Studien− und Prüfungsordnung anzueignen. Schon im
ersten Semester. In derPropädeutik, im Proseminar.
In den Seminaren wird die thematisch eingegrenzte wissenschaftliche
Zusammenfassung der Fachliteratur geübt. Die Diplomarbeit ist die erste betreute wissenschaftliche Bearbeitung
eines Themas. Die Guten, die als wissenschaftlicher Nachwuchs in Frage kommen,
besprechen und verabreden mit einem Hochschullehrer (Doktorvater) ein klar
beschriebenes wissenschaftliches Erkenntnisziel und stellen einen Antrag auf
Zulassung zur Promotion. Die Promotion ist die erste eigenständige wissenschaftliche Arbeit. Wie eine Gesellenarbeit.
Ohne Beihilfen vom Meister.
Aber in der Universität Bayreuth laufen die Uhren
anders. Statt nach dem Tsunami der Empörung über wissenschaftliche Versäumnisse
der eigenen Universität öffentlich nachzudenken, entscheiden sich die
Professoren für eine breite Verteidigungslinie, die ebenso dumm und brüchig ist
wie jene von Guttenberg. Am
27.02.2011 haut Oliver Lepsius auf den Esel Guttenberg und meint durchaus nicht
den Treiber des Esels: "Wir sind einem Betrüger aufgesessen. Niemand hätte
sich vorstellen können, mit welcher Dreistigkeit hier ein Plagiat eingereicht wird.
Es ist ein Ausmaß an Dreistigkeit, das wir bisher nicht gesehen haben. (…) Er
hat planmäßig plagiiert, er hat eine Collage von Plagiaten angefertigt, über
Hunderte von Seiten, und er glaubt, er hat es nicht getan, er stellt eine
Dissonanz fest zwischen dem, was er objektiv getan hat, und dem, was er
subjektiv getan haben will. Das ist absurd."
Die Medien spielen das Spiel mit. Sie stellen keine unangenehme
Fragen.Wo war dieser Oliver Lepsius 2006, als seine Fakultät an der Universität
Bayreuth die Dissertation und die mündliche Prüfung von Guttenberg mit summa cum laude bewertete? War er etwa
auf einer Dienstreise? Nun, seit 2002 ist Oliver Lepsius als Nachfolger von
Peter Häberle Inhaber des Lehrstuhls an der Universität Bayreuth. Für die
Tirade der Empörung auf Kosten von Guttenberg bekommt er gute Publizität. Auch
Lob von den Kollegen Professoren für das Ablenkungsmanöver?
Am 01.03.2011 taucht Peter Häberle aus seiner Tauchstation auf und
erklärt: "Die in der
Promotionsschrift von Herrn zu Guttenberg entdeckten, mir unvorstellbaren
Mängel sind schwerwiegend und nicht akzeptabel. Sie widersprechen dem, was ich
als gute wissenschaftliche Praxis seit Jahrzehnten vorzuleben und auch
gegenüber meinen Doktoranden zu vermitteln bemüht war." Er gibt keine Erklärung
darüber, warum er das Gleiche nicht in seinem Gutachten niedergeschrieben
hatte. Keiner fragt ihn danach.
Spiegel online hat auch den ZweitprüferRudolf Streinzgestellt. Am 02.03.2011 sagt der in einem Interview: „Im Nachhinein ist man schlauer: Ich
habe zu sehr darauf vertraut, dass Arbeiten korrekt angefertigt werden. Nun
weiß ich, dass man sich darauf offenbar nicht verlassen kann. Herr zu
Guttenberg, 2006 ‚einfacher‘ Bundestagsabgeordneter, wurde von mir als
Seminarteilnehmer und Doktorand von Herrn Kollegen Häberle wie jeder andere
Doktorand behandelt. Prominent war er damals noch nicht, für einen
Prominentenmalus sah ich damals keinen Anlass.“ Prominentenmalus? Malus? Eine
freudsche Fehlleistung?
Am gleichen Tag, am 02.03.2011, teilen die beiden Gutachter, Peter
Häberle und Rudolf Streinz, der Presse Einiges, leider nicht Überprüfbares und
den strengen Normen der Wissenschaft Fremdes mit. Noch hat keine Publikation versucht,
die Presseerklärung zu analysieren. Sie ist erbärmlich. Die „Botschaften“ sind:
1. Zwischen dem „Doktorvater“
und dem „Doktoranden“ würde im Verlauf „ein intensives Vertrauensverhältnis“ entstanden,
2. deshalb würde der
„Zweitgutachter“ dem „Doktorvater“ folgen,
3. dies in diesem Fall umso
mehr, weil „Herr zu Guttenberg …im Vorfeld des Promotionsverfahrens bei Prof.
Häberle ein Seminar zum Thema besucht hatte“ und „die Fortschritte der Arbeit
regelmäßig und intensiv mit seinem Doktorvater diskutierte“,
4. die Arbeit „zeichnete
sich“ aus „durch einen hohen Grad der Durchdringung“,
5. der Doktorand konnte sich „auf
intensive Fragen“ in der mündlichen Prüfung einstellen,
6. „die Erkennung von
Plagiaten 2006 mit den seinerzeit vorhandenen technischen Mitteln kaum möglich“
gewesen sei und
7. dem „Zweitgutachter“ lag
das „Erstgutachten des Doktorvaters“ vor. Er begutachtete „die Arbeit im
Ganzen“ „dem Profil eines
Zweitgutachters entsprechend“.
Die
Pressemitteilung ist am Ende dieses Blogs als ein Dokument angehängt. Eine
bemerkenswerte Lektüre. Anzumerken ist noch, daß ich den Dekan der Rechts- und
Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät, Universität Bayreuth am 24.02.2011
gebeten hatte, mir folgende Dokumente in Kopie zu dem Promotionsverfahren von
Guttenberg zur Verfügung zu stellen.
1.
Der
Antrag für die Durchführung des Promotionsverfahrens;
2.
die
Entscheidung der Promotionskommission über den Antrag;
3.
die
Mitteilung der Fakultät an den Promotionskandidaten über die Zulassung;
4.
das
Begleitschreiben bei der Einreichung der Dissertation;
5.
die
beiden Gutachten;
6.
die
Bekanntgabe des Beginns der
Auslegungsfrist der Dissertation und der Gutachten in der Fakultät und
7.
die
Niederschrift über den Gang des Kolloquiums.
Nach
einem Erinnerungsschreiben habe ich folgende Mitteilung erhalten: „Ihre Schreiben haben wir erhalten. Bitte haben Sie dafür
Verständnis, dass ich Ihnen die erbetene Einsicht in die nichtöffentlichen
Promotionsakten - auch nach Rücksprache mit dem Datenschutzbeauftragten - nicht
gewähren darf. Bitte informieren Sie sich auf den Internetseiten der
Universität Bayreuth auf denen auch Auskunft über wesentliche Daten des
Promotionsverfahren zu Guttenberg gegeben wird. Mit freundlichen Grüßen, Prof.
Dr. Markus Möstl,Dekan“.
Ich
möchte hoffen, daß der Dekan mich nicht als Ausnahme behandelt hat und aus dem
genannten Gründen keinem die Einsicht in die nichtöffentlichen
Promotionsakten gewährt. Nur, die Internetseiten der Universität Bayreuth geben mir nicht die
erbetene Information.
Noch am
02.03.2011 bläst ein weiterer Professor der Universität Bayreuth in das gleiche
Horn wie seine Professoren Kollegen. Die Süddeutsche Zeitung überträgt den Tenor
auf der ersten Feuilleton Seite. Die Überschrift:
Wissenschaftliche
Erkenntnis basiert auf Vertrauen.
Der Causa Guttenberg
liegt kein Fehler im universitären System zugrunde − besorgniserregend sind
viel mehr die Reaktionen der politischen Öffentlichkeit / von Diethelm Klippel
Eben. Kein Fehler im universitären System. An
der Universität Bayreuth laufen die Uhren wirklich anders. Dort basiert
wissenschaftliche Erkenntnis auf Vertrauen. Wo war dieser Diethelm Klippel im
Jahre 2006? Auch in Bayreuth? Auch auf dem Rigorosum (mündliche Prüfung) von
Guttenberg zugegen? Seit wann hat er Kenntnis von dieser Dissertation? Seit wann
hat er Kenntnis von der Benotung? Gibt es eine Inflation von summa cum laude in Bayreuth? Wie auch immer.
Ich habe zur Kenntnis genommen, daß er schon
lange den Ombudsmann für Selbstkontrolle in der Wissenschaft an der Universität
Bayreuth abgibt und Sprecher des Graduiertenkollegs „Geistiges Eigentum Gemeinfreiheit“
der Universität Bayreuth ist. Wie verträgt sich die „Selbstkontrolle in der
Wissenschaft“ mit der Ansage „wissenschaftliche Erkenntnis basiert auf
Vertrauen“? Sind Kontrolle und Vertrauen Synonyme?
Ich habe die umständliche
Pressemitteilung/Stellungnahme von Peter Häberle und von Rodolf Streinz
widerwillig mehrmals lesen müssen. Ist es möglich, daß den beiden „Meistern“
bei der Begutachtung der Dissertation von Guttenberg deshalb keine Anomalien
aufgefallen sind, weil darin nichts Abweichendes zur Lehrmeinung dieser beiden Meister steht? Noch eingeengter
gefragt: ist es möglich, daß Guttenberg für seine „wissenschaftliche
Erkenntnis“ ausschließlich auf das Seminar von Peter Häberle vertraut hat und
seine Dissertation eine ausschließliche Wiedergabe des Seminarinhaltes ist? Diethelm
Klippel sollte diesen beiden Fragen nachgehen. Dies hätte er tun sollen, bevor
er den Artikel in der Süddeutschen Zeitung veröffentlicht hat. Die ersten
beiden Sätze von diesem Artikel sind:
„Ein
Doktorand namens Karl-Theodor von und zu Guttenberg hat gravierend gegen die
Regeln korrekten wissenschaftlichen Arbeitens verstoßen. Die Universität
Bayreuth hat ihm daher nachträglich den Doktorgrad aberkannt.“
Perfider geht es wohl kaum. Warum haben die
beiden angeblich wissenschaftlich herausragenden Gutachter die Annahme der
Arbeit nicht verweigert? Ist dem Diethelm Klippel das Wissen fremd, daß beim
vollzogenen Plagiat im wissenschaftlichen Bereich stets zumindest zu gleichen
Teilen der Prüfer die Schuld trägt? Die Prüfer sitzen am längeren Hebel. Aber
sie haben sich wohl in der Regel mit ihren eigenen Steckpferden beschäftigt.
Sie haben keine Zeit für genaue Prüfungen einer Dissertation, bevor sie ein
Gutachten schreiben. Sollte was schief gelaufen sein, verlassen sie sich wohl
auf die Ausrede, wie das von Diethelm Klippel besungene Lied: „Wissenschaftliche
Erkenntnis basiert auf Vertrauen“.
Auch bei Diethelm Klippel ist offensichtlich
was schief gelaufen. Er entpuppt sich als ein Fälscher im zweiten Satz seines
Artikels in der Süddeutschen Zeitung. Er verbreitet öffentlich: „Die
Universität Bayreuth hat ihm (also
Guttenberg) daher nachträglich den Doktorgrad aberkannt.“ Fakt ist, daß die Universität Bayreuth sich gedrückt
hat, Guttenberg seinen Doktortitel abzuerkennen. Ich zitiere den Text im
Wortlaut. Die Bayreuther Professoren kennen den Text, oder sollten ihn schon
kennen. Die Hervorhebungen sind von mir.
„Die Promotionskommission der Rechts- und
Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bayreuth hat gestern und
heute getagt und beschlossen, den an Herrn Freiherr zu Guttenberg verliehenen
Doktorgrad zurückzunehmen. In der Promotionsordnung der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen
Fakultät heißt es
ausdrücklich: ‚Die benutzte Literatur und sonstige
Hilfsquellen sind vollständig anzugeben; wörtlich oder nahezu wörtlich dem
Schrifttum entnommene Stellen sind kenntlich zu machen‘. Die Kommission, darauf
weisen die Mitglieder einstimmig hin, hat sich davon überzeugt, dass Herr (sic!) Freiherr zu Guttenberg gegen
diese wissenschaftlichen Pflichten in erheblichem Umfang verstoßen hat. Dies
hat er auch selbst eingeräumt.
„Die wörtliche oder sinngemäße Übernahme von
Textstellen ohne hinreichende Kennzeichnung verstößt nach der Rechtsprechung
gegen die Grundsätze wissenschaftlichen Arbeitens und schließt die Annahme einer Arbeit
als Dissertation im Regelfall aus. Stellen sich solche Mängel, wie im vorliegenden Fall, erst nachträglich
heraus, kann der Doktorgrad auf der Grundlage des Artikels 48 Verwaltungsverfahrensgesetz
zurückgenommen werden.
„Die Frage eines möglichen
Täuschungsvorsatzes konnte die Kommission letztlich dahinstehen lassen. Für die
Kommission war entscheidend, dass unabdingbare wissenschaftliche Standards
objektiv nicht eingehalten worden sind. Im Fall ihrer Verletzung ermächtigt Artikel
48 Verwaltungsverfahrensgesetz zur Rücknahme des Doktorgrades, ohne dass ein Täuschungsvorsatz
nachgewiesen werden muss.“
Dieser Text,
die „Medienmitteilung, Nr. 037 / 2011 // 23. Februar 2011“ wird mit einer verfälschenden
Überschrift veröffentlicht. Die Bayreuther Universitätsoberen waren noch am
23.02.2011 schlicht zu feige und zu opportunistisch den Doktorgrad eines
Sprosses des fränkischen Hochadels abzuerkennen.
Statt streng nach der hochschuleigenen Promotionsordnung
zu entscheiden, haben sie das Verwaltungsverfahrensgesetz des Freistaates
Bayern bemüht, um den Doktorgrad zurückzunehmen.
Eine Rücknahme
ist keine Aberkennung. Aber die Jura Professoren der Universität Bayreuth scheinen den Unterschied nicht zu kennen. Sind diese Professoren auch Wissenschaftler?
Was macht ihre Wissenschaft aus? Machen sie einen Unterschied zwischen Gesetz
und Recht? Ist ihre Lehre für die angehenden Juristen genau so effizient, daß
diese ohne Repetitorium außerhalb des Lehrbetriebs juristische Prüfungen nicht
bestehen können? Wenn es so ist,
inwiefern ist ein Jurastudium überhaupt ein wissenschaftliches Studium? Gibt es
unabhängige wissenschaftliche Untersuchungen darüber, ob Jura überhaupt eine
wissenschaftliche Disziplin sein kann? Nach welchen Kriterien? Gelten diese Fragen auch für einige andere
universitäre Fächer?
Was wissen wir
darüber, wie ein Professor in Bayreuth Professor wird? Welchen Einfluß nehmen
die CSU und die Hans−Seidel−Stiftung auf Berufungen? Welche andere Seilschaft
gibt es dort? Werden die Akten von Berufungsverfahren archiviert? Wie ist das
Verhältnis der Professoren zu ihren „wissenschaftlichen Mitarbeitern“? Wie ist
die Arbeitsteilung zwischen ihnen in der Lehre und in der Forschung? Tatsächliche Arbeitsteilung. Und nicht das, was
in den Statuten niedergeschrieben steht, wie sie sein soll.
Auch die
Universität Bayreuth ist ein Dienstleistungsbetrieb für die Produktion von
leitendem Kader für die Gesellschaft. Was produziert Sie? Wie wird die Qualität
der Lehre geprüft? Auch nur Vertrauenssache? Wie kommen Studierende zu
Themen ihrer Diplom− und Staatsexamenarbeit? Werden sie von den Professoren vergeben? Oder
finden sie ihre Themen selbst? Wie? Abgeleitet von Steckenpferden der
Professoren? Als Zulieferdienst etwa?
Und die Promotionsthemen?
Wie ist die
Qualität der fertig Studierten? Wie wird die Qualität geprüft? Wie ist das
Produktionsverhältnis? Gibt es systematische Untersuchungen darüber, was
tatsächlich innerhalb der Mauern dieser Universität alles geschieht? Ohne die
Klärung dieser und ähnlichen Fragen ist die Behauptung von Diethelm Klippel: „Der Causa Guttenberg liegt kein Fehler im
universitären Systen“ eine plumpe Irreführung der Öffentlichkeit.
Gibt es
überhaupt systematische Untersuchungen über Vorgänge innerhalb der Mauern von Universitäten,
bzw. von „Wissenschaftsbetrieben“? In Deutschland? Anderswo? Wer soll solche
Untersuchungen durchführen? Wer soll sie finanzieren? Und was ist der Preis
dafür? Gilt auch anderswo das Motto: Wissenschaftliche
Erkenntnis basiert auf Vertrauen? Müssen wir lernen, den Professoren zu glauben?
Es scheint, Wissen, Wissenschaft steht nicht auf der Tagesordnung. Mir ist nur
eine einzige Untersuchung über die Universität bekannt. Weltweit.
PREIS DES
AUFRECHTEN GANGS. Eine dokumentarische Erzählung, 667 S., ISBN 3-935418-01-9.
In Acharyya Verlag für kritische Wissenschaft in Oldenburg in Oldenburg.
Achten Sie
bitte auf „Home“ der Internetseiten des Verlages:
Was der Preis für diese
Untersuchung gewesen ist? Sehr hoch. Der Preis, wie auch der Preis.
Hier folgt der Text der Presseerklärung. Ich frage
mich natürlich, wieviele „Guttenbergs“ es an der Universität Bayreuth schon gegeben
hat und ob es unter den Professoren es auch „Guttenbergs“ gibt.
Pressemitteilung/Stellungnahme
Zum Promotionsverfahren von Herrn Karl-Theodor zu Guttenberg
Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Peter Häberle
Prof. Dr. Rudolf Streinz
Bei allen über einen langen
Zeitraum sich erstreckenden Promotionsverfahren entwickelt
sich beidseitig aufgrund des
damit einhergehenden Diskurses zwischen Doktorvater und Doktoranden ein intensives
Vertrauensverhältnis. Daher gehen der Doktorvater (hier: Prof. Häberle) und andere an dem
Promotionsverfahren Beteiligte, wie insbesondere der Zweitgutachter (hier: Prof.
Streinz), von der Beachtung der Regeln wissenschaftlichen Arbeitens durch den für seine
Arbeit insoweit allein verantwortlichen Doktoranden aus. Dies galt auch und insbesondere
im Fall der hier betroffenen Arbeit über „Verfassung und Verfassungsvertrag -
Konstitutionelle Entwicklungsstufen in den USA und der EU“, da Herr zu Guttenberg nicht nur bereits
im Vorfeld des Promotionsverfahren bei Prof. Häberle ein Seminar besuchte hatte, sondern –
wie es üblich ist – die Fortschritte der Arbeit regelmäßig und intensiv mit seinem
Doktorvater diskutierte und diskutieren konnte. Ohne Kenntnis der vorgeworfenen Plagiate zeichnete
sich die Arbeit aus durch einen hohen Grad der Durchdringung des Themas in allen
seinen Facetten, nicht nur rein rechtlich, sondern wie oft in von Prof. Häberle betreuten
Arbeiten durch die Einbeziehung kultureller Hintergründe der rechtlichen Entwicklungen Das
Kapitel über den Gottesbezug etwa griff eine damals aktuelle Diskussion des Verfassungsvertrags
der EU auf. Anzumerken ist hierbei, dass der Doktorand auch in der mündlichen
Prüfung (Rigorosum) auf intensive Fragen zu Methodik und Inhalt der Arbeit souverän
antwortete und sich jeglicher Diskussion stellen konnte.
In der Diskussion über die Arbeit
sollte man sich stets vor Augen halten, dass die Überprüfung von Dissertationen
mit technischen Mitteln 2006 nicht üblich war und bis heute verbreitet (noch) nicht üblich
ist. Zudem war die Erkennung von Plagiaten 2006 mit den seinerzeit vorhandenen
technischen Mitteln kaum möglich. Plagiatsoftware sowie auch andere Methoden waren damals
keineswegs so weit entwickelt wie heute. Selbst Google wies noch nicht die fein
justierte Suchmethode wie heute auf. Speziell juristische Arbeiten einbeziehende Programme bedürfen
noch heute der Weiterentwicklung. Im Interesse aller Beteiligten dürften künftig
entsprechende technische Vorprüfungen auch bei Dissertationen vorzuschalten sein.
Zur Aufgabe des Zweitgutachters
ist anzumerken, dass er - ohne Diskurs mit dem Doktoranden - die bereits fertig
erstellte Arbeit zu prüfen hat. Das hierzu ebenso vorliegende Erstgutachten des Doktorvaters
(Prof. Häberle) zeigt dabei auf, was vom Doktoranden erwartet wurde und inwieweit er
diese speziellen Erwartungen erfüllte. Vorliegend würdigte Prof. Streinz dem Profil eines
Zweitgutachters entsprechend die Arbeit im Ganzen und befasste sich insbesondere mit
den spezifisch europarechtlichen Aspekten der Arbeit. Dies vorangestellt ging die
Bewertung der Dissertation mit summa cum laude seinerzeit von einer Leistung aus, bei der die
Regeln wissenschaftlichen Arbeitens beachtet sind. Verstöße dagegen führen – wie erfolgt –
hier zur „Disqualifikation“ mit der Folge, dass der Doktortitel entzogen werden
musste.